„B 420 Social Club“ heißt der neue Cannabis-Club in Bingen-Gaulsheim. Die Betreiber achten auf Qualität und wollen verantwortungsvoll agieren. Sie ziehen den Vergleich zu Wein.

Bingen. Drei Freunde, ein Plan. Can Christ, Thien Lam und Fabien Spreitzer hatten schon lange vor, einen Cannabis-Club zu gründen. „Wir haben uns gesagt, dass wir der Welt und der Region zeigen wollen, wie vorteilhaft es sein kann, gutes Cannabis zu bekommen“, sind sie sich einig. Voraussetzung war natürlich, dass alles im legalen Rahmen abläuft. Ursprünglich wollten sie das bei Wöllstein tun, doch dort mussten sie die Halle wieder abbauen. Jetzt starten sie Versuch Nummer zwei im Gaulsheimer Gewerbegebiet, alles streng nach den gesetzlichen Regeln und mit den nötigen Lizenzen.
„B 420 Social Club“ heißt die von den drei Kreuznacher Jungs gegründete Interessengemeinschaft. Einmal, weil die geplante Halle in Wöllstein eben an der B420 gelegen hätte. Zum anderen, weil „420“ ein Code für Kiffer sei, so erklärt Fabien. Der 20. April (englisch 4/20 oder ausgesprochen „four twenty“) ist der Tag, an dem von Amerika in den 1970er Jahren ausgehend zumeist inoffizielle Veranstaltungen von Menschen zwecks gemeinsamen Cannabiskonsums stattfinden. Der Begriff ist für Kiffer gleichzusetzen mit der Identifizierung mit der Cannabis-Kultur.
Cannabis ist nicht gleich Cannabis
Der Blick in die Halle zeigt, dass eine Abgabe im Eingangsbereich nach der Eröffnung quasi im befriedeten Besitztum geschehen wird. Club und Abgabestelle für Nicht-Mitglieder sind streng getrennt. Dazu, berichten die drei, mussten wegen unterschiedlicher Auflagen der Behörden mehrfach Umbauten geschehen. Mit den Abgabemengen kennen sie sich aus. Maximal 50 Gramm Marihuana pro Mann und Monat und nicht mehr als 25 Gramm pro Tag dürfen abgegeben werden. Die Pflanzen sind kräftig dabei zu wachsen. Im größten Einzelraum innerhalb der Halle stehen über hundert von ihnen und gedeihen bei idealen Temperaturen von 28 Grad Celsius, mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem und einer konstanten Luftfeuchtigkeit zwischen 50 und 60 Prozent. Sechs verschiedene Sorten sind es bislang. „Es gibt bei Cannabispflanzen verschiedene Geschmacksprofile und Unterschiede wie etwa beim Wein“, sagt Christ. Was Lam so verdeutlicht: „Optik, Wachstum und Wirkungsgrad sind verschieden.“ Die einen sollen beruhigen, andere die Kreativität steigern und eben wach machen. Der Anteil von Tetrahydrocannabinol (THC), der als Hauptursache für die berauschende Wirkung gilt, ist höchst unterschiedlich.
Volljährig reicht für Mitgliedschaft nicht aus
Gut 40 Pflanzen werden in einem kleineren Vorbereitungsraum nebenan gezogen; aus den Niederlanden stammende Setzlinge warten hier darauf, umgesetzt zu werden. Natürlich gibt es auch einen zusätzlichen Trockenraum. Plan sei, mit den Mutterpflanzen eigene Stecklinge zu ziehen, so Christ. Die Setzlinge wiederum könnten auch an Clubmitglieder abgegeben werden. Dem Trio ist wichtig, dass Anbau von Pflanzen und Ausbau des Clubs über Jahre hinweg gesehen werden, dass alles langsam wächst. Vor der Quantität steht bei ihnen die Qualität. Mit Blick auf die Pflanzen sowieso, aber auch in Bezug auf technische Möglichkeiten, etwa die Wasseraufbereitung. Und diese Qualität wiederum wird gepaart mit dem Appell an das Verantwortungsgefühl. Bestes Beispiel: Der Konsum ist laut Gesetz mit 18 Jahren erlaubt. Für eine Mitgliedschaft im Club haben die Jungs aber ein Mindestalter von 21 Jahren festgelegt. Rund 100 Mitglieder haben sie bereits gefunden, insgesamt wird mit rund 250 geplant, theoretisch dürften es nach den Gegebenheiten bis zu 500 werden. „Aber das schaffen wir nicht. Mit gutem Gewissen wären etwa 250 abzudecken“, nennt Spreitzer den Grund für die selbst aufgelegte Beschränkung.
Bewusste Preisgestaltung
Thema Rausch. „Der richtige Umgang ist wichtig. Die Dosis macht das Gift“, sagt Christ, der wie seine beiden Mitstreiter an die Vernunft der Konsumenten appelliert und darauf hinweist, dass Cannabis auch zu Schmerztherapien verwendet wird. Im Club wollen die drei Partner auch Aufklärung betreiben, Präventionsschulungen abhalten. Auch hier tun sich Parallelen zum Weingenuss auf.
Die Abgabepreise in Gaulsheim sollen unter denen des Schwarzmarktes liegen. Je nach Sorte zwischen 7,90 und 8,90 Euro pro Gramm. Dass es dafür garantiert eine saubere Qualität gibt, verbürgt sich das Trio. Ebenso, dass es einen Teil, des monatlichen Beitrags der Clubmitglieder für gemeinnützige Organisationen spendet. Bislang sind laut Fabien Spreitzer die Tafel und das Tierheim in Bad Kreuznach bedacht worden. Jetzt wartet er mit Can Christ und Thien Lam darauf, dass alle Arbeiten beendet sind und es im fertiggestellten Heim endlich richtig mit dem Clubleben losgehen kann. Spätestens im August soll es soweit sein.
– Werner, Jochen: „Neuer Cannabis-Club: „Vergleich mit Wein liegt auf der Hand““, Allgemeine Zeitung, Jun 1, 2025.